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Anette Rose (Berlin):

16 Traumstücke. Videoprojektion, 51 min, Digibeta, 16:9, OmE, ZDF – Das kleine Fernsehspiel, 2001

Anschließend Diskussion mit Anette Rose und Ellen Fricke (Moderation).

Im Rahmen von „Das Konkrete als Zeichen“, 12. Internationaler Kongress der Deutschen Gesellschaft für Semiotik (DGS), Stuttgart, 9. bis 12. Oktober 2008; Sektion „Gesten in der Kommunikation: Prozesse der Konkretisierung und Abstraktion“.

 

 

 

16 Traumstuecke    
     

Video still

„sie sind überall, so kleine handgroße … Dinger“ 
„they are all over, these small, hand-sized … things“

 

Anette Roses Videofilm „16 Traumstücke“ ist eine Rehabilitation multimodaler Kommunikation im Medium Film. Sieben Frauen versprachlichen darin ihre nächtlichen Träume und konkretisieren ihre visuellen Vorstellungen mittels eines sprachlich-visuellen Mediums, nämlich der redebegleitenden Gesten, die u.a. als Hand-, Kopf- und Fußbewegungen Bestandteil des Sprechens einer jeden Protagonistin sind. Das Ungewöhnliche an diesem Film ist sein Setting, das Anette Rose in einem Gespräch mit Ines Lindner folgendermaßen beschreibt:

„Für ‚16 Traumstücke’ habe ich den Rahmen und die einzelnen Elemente der Aufnahmen festgelegt und vereinheitlicht, ähnlich wie in einem wissenschaftlichen Experiment. Die Stücke inszeniere ich in einem Studioraum, der neutral wirkt. Ich streiche den Privatraum der Protagonistinnen. Keine Tür, kein Fenster soll als erzählendes Moment den Raum einordnen und die Aufmerksamkeit von den Erzählungen ablenken oder diese interpretieren. Eine Art ‚Kammerstück‘. Gefilmt wird mit drei synchron laufenden Kameras. Ich entscheide zuvor, welche Kameraeinstellungen nötig sind, um die körperliche Präsenz beim Erzählen festzuhalten. Ausgangspunkt meiner Beobachtung ist, wie die Protagonistinnen es schaffen, ihre nächtlichen Traumbilder in Sprache zu übersetzen. Ich verfolge ‚die allmähliche Verfertigung des Traums beim Reden‘ (frei nach Kleist).“

Betrachtet man die Ebene der zeitlichen Linearisierung, dann ist der Schnitt weniger durch die wiedergegebenen Trauminhalte bestimmt, als vielmehr durch das Wie des Erzählens: Die Konstellationen des sprechenden Körpers und seiner Gliedmaßen in Verbindung mit der Normierung der Kameraeinstellungen gleichen einer Partitur serieller Musik.

Überhaupt widersetzt sich der Film jeglicher psychoanalytischer Interpretation: Durch die Schwierigkeit der Vergegenwärtigung gehen Erinnern und Erfinden im Erzählen ineinander über. Dieser Moment des Aus- und Herausarbeitens in der Erfindung und im Gestus des Sprechens vor jeglicher Bedeutungszuschreibung ist es, bei dem Anette Roses Film innehält und verweilt, ein Moment des Konkreten und der Konkretisierung.

Ellen Fricke

 

 

 

Anette Rose, geboren in Bünde/Westfalen lebt und arbeitet in Berlin.

www.anetterose.de

www.cluster-berlin.de/anette.html